Nach dem ersten Winter in Oberaudorf und jeder Menge langer Ski- und Klettertouren, habe ich im Frühjahr das Berglaufen für mich entdeckt. Im Internet stieß ich bald auf die erste Ausgabe des Zugspitz Ultratrail und war sehr von der Idee fasziniert einen wirklich langen Lauf zu machen.

Da ich bislang keinen Marathon gelaufen war und keine einschlägige Erfahrung hatte, entschied ich mich für den Supertrail, die kürzere Strecke mit 70 Kilometer und 3.000 Höhenmeter. Nach der Anmeldung bereitete ich mich etwa zwei Monate lang mit ausgedehnten Läufen in den Chiemgauer Bergen und dem Kaisergebirge vor.

Etwa zwei Wochen vor dem Supertrail machten sich leider Schmerzen an beiden Knien bemerkbar. Ich legte daraufhin eine Pause ein und entschied mich trotzdem an dem Lauf teilzunehmen. Ich hatte den Plan einfach mal zu schauen, wie es läuft und notfalls abzubrechen, falls ich nicht schmerzfrei laufen kann. Körperliche Schädigungen wollte ich jedenfalls weder in Kauf nehmen noch längerfristig davon tragen.

Mit diesen guten Vorsätzen startete ich in den Lauf und die ersten 20 Kilometer liefen hervorragend. Von Anfang an wirklich gut gefallen hat mir an dem Sport, dass es den meisten Läufern nicht darum ging andere Läufer zu überholen, sondern dass man immer wieder miteinander sprach und – falls die Laufgeschwindigkeit passte – einen ganzen Tag gemeinsam auf dem Trail unterwegs war.

Durch mein vieles Training am Berg ging es mir beim Aufstieg zum Scharnitzjoch super und beim anschließenden Downhill zum Hubertushof ließ ich es Vollgas laufen. Auf der langen Strecke nach der Versorgungsstation erlitt ich dann jedoch einen derben Energieeinbruch auf der Höhe des Ferchensees begannen meine Knie leicht zu schmerzen. Immer häufiger gehend kämpfte ich mich noch bis zur Versorgungsstation am Fuße des Reintals durch und legte dort eine längere Pause ein.

Nun war die Entscheidung zu treffen, ob ich aufgebe oder den Lauf fortsetze. An diesem Punkt hatte ich fast 50 Kilometer zurückgelegt und laut Höhenprofil stand nun ein langer Aufstieg auf die Bergstation der Alpspitzbahn bevor. Irgendwie überzeugte ich mich davon, dass der Aufstieg gut sei, weil ich nicht mehr laufen müsste, sondern  gehen könnte. Letztlich sei es nur noch eine Bergtour und ich wäre im Ziel.

Mit Blick auf den Aufstieg passte diese Sichtweise auch gut. Es war zwar nochmals verdammt anstrengend und bisweilen ein Quälerei, aber alles in allem schon auszuhalten. Richtig schlimm wurde es dann aber im Abstieg, der sich von der Alpspitze bis ins Ziel in Grainau dann noch zehn Kilometer hinzog! Zwischenzeitlich hatten sich die Schmerzen vom Knie auf das Sprunggelenk verlagert und mein „Fußheber“ entzündetet sich zunehmend. An diesem Punkt war ich absolut am Ende und habe – sowohl gefühlt als auch tatsächlich – eine ganze Ewigkeit für den Abstieg und die letzten Meter ins Ziel gebraucht.

Im Ziel war ich einfach nur froh, dass ich endlich angekommen war und nicht mehr weiter musste. Leider kam ich so spät an, dass auch Steffen und Jona, die mich begleiteten schon nach Hause gefahren waren. Das tat mir leid, weil sie wirklich lange ausgehalten hatten! Aber ich wäre vermutlich an diesem Abend ohnehin keine besonders anregende Unterhaltung mehr gewesen.

Nach etwas Essen und Trinken, machte ich mich auf den Weg in meine Unterkunft. Vor Erschöpfung konnte ich anfangs nicht gleich schlafen, aber irgendwann schlief ich dann doch tief und fest ein. Am nächsten Tag spürte ich die Entzündungen der Knie- und Sprunggelenke erst richtig. Bald wusste ich dann auch, dass ich mir ein „Schienbeinkantensyndrom“ eingehandelt hatte und ich wohl längere Zeit nicht mehr laufen können würde. Doch das wollte ich ohnehin nicht! Zugleich wusste ich aber auch, dass ich wieder einmal einen so langen Lauf machen möchte.

 

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